BaySF Waldschutz im Faktencheck

Die Bayerischen Staatsforsten behaupten auf ihrer Internetseite dass bereits 10,4% der Staatswälder einer natürlichen Entwicklung überlassen wären.

Wir haben uns die Detailangaben angeschaut und nachgerechnet.

1) „Nationalparkkernzone 22.200 ha“

  • Wir kommen auf 22.197 ha und die setzen sich zusammen:
    • NLP Berchtesgaden Wald-Naturzone mit 5.550 ha Kernzone mit Waldanteil (Angabe NLP-Verwaltung 9/2018) in dieser Kernzone liegt allerdings auch das Naturwaldreservat Reiteralpe mit 426,8 ha
    • NLP Bayerischer Wald-Naturzone 16.647 ha (incl Erweiterung von November 2018)

2) „Naturwaldreservate (NWR) 6.400 ha“

  • Wir kommen auf 6.731 ha netto ohne Überlappungen mit anderen Schutzgebieten, davon
    • 6.411 ha Staatswald (7.134,1 ha abzüglich 296,4 ha NWR innerhalb BSR-Kernzone Rhön (Lösershag, Kalkberg, Platzer Kuppe, Schloßberg, Elsbach, Eisgraben, Schwarzes-, Großes- und Kleines Moor) sowie 426,8 ha NWR Reiteralpe im NLP Berchtesgaden)
    • 196 ha Kommunalwald (225,2 ha abzüglich 29,1 ha NWR Stengerts in BSR Kernzone Rhön)
    • 124 ha Privatwald (NWR Kaisersberg, Rohrachschlucht, Rainer Walds & Rumpelmühle)

3) „Biosphärenreservat-Kernzone (BSR) 2.400 ha“

  • laut Verordnung ist die Kernzone 3.485 ha (zzgl. 404 ha Bundeswald im Truppenübungsplatz) groß. 2.534 ha wurden von der BaySF (Staatwälder) eingebracht:
    • 322 ha bereits unter Prozessschutz gestellt
    • 825 ha Waldumbau bis 2024,
    • 387 ha auch Umbau noch länger

    728 ha sind von bayerischen Kommunen eingebracht wordenIn den Kernzonen liegen aber auch noch 10 Naturwaldreservate mit 325 ha (davon 296 ha Staatswald und 1 Kommunalwald mit 29 ha)

  • Somit rechnerisch geschützt: 3.666 ha (davon 2.534 ha Staatwald – allerdings wird hier teilweise noch Waldumbau betrieben)

4) „Klasse 1 Wald 14.800 ha“

  • laut der regionalen BaySF-Naturschutzkonzepte (ohne Forstbetrieb St Martin / Saalforsten, da österreichisches Hoheitsgebiet): 18.799 ha hiervon sind aber gleichzeitig 6.223 ha als NWR ausgewiesen (d.h. netto 12.577 ha Klasse 1 Wald)
  • Rechtliche Absicherung: Klasse 1-Wälder sind rechtlich nicht geschützt und können jederzeit von der BaySF umgewidmet werden (dokumentierte Eigenbindung).
  • Bewertung: Solange diese meist sehr kleinen Gebiete nicht in Karten flächig öffentlich dargestellt sind (bislang nur ein Punkt-Koordinate in der Karte) und keine rechtliche Absicherung haben, sehen wir dies als weder transparent noch anrechenbar an.

5) „Permanente Hiebsruhe im Hochgebirge 32.000 ha“

  • Diese Hiebsruhe-Flächen werden nicht erwähnt in den Naturschutzkonzepten der BaySF. Dort sind in den Hochgebirgs-Forstbetrieben (Anteil Hochgebirge in FB Bad Tölz, Berchtesgaden, Oberammergau, Ruhpolding, Schliersee, Sonthofen) werden lediglich ausgewiesen: 132.358 ha
    • Klasse 1 ohne NWR: 7.599 ha -Nutzungsfrei
    • Klasse 1-NWR 1.232 ha -Nutzungsfrei
    • Klasse 2: 31.776 ha -genutzt lt. Naturschutzkonzept
    • Klasse 3>100j: 10.974 ha -genutzt lt. Naturschutzkonzept
    • Klasse 3<100j: 5.738 ha -genutzt lt. Naturschutzkonzept
    • Klasse 4: 75.038 ha -genutzt lt. Naturschutzkonzept
    • Latschenbüsche ohne Klassendifferenzierung 14.691 ha
    • Grenzstadien genutzt Klasse 2 + 3: 4.287 ha
    • Gesamtbetriebsfläche abzüglich Holzboden: 50.041 ha
  • Rechtliche Absicherung: Hiebsruhe-Wälder sind nicht bekannt, rechtlich nicht geschützt und können jederzeit von der BaySF umgewidmet werden. Laut Landtagsanfrage Drucksache 17/23591 sind diese Flächen wohl in den Forsteinrichtungen als Hiebsruhe (ausserhalb Klasse 1 Wäldern) markiert und sollen sukzessive bis 2020 abgegrenzt werden. Bislang sind diese Flächen nicht öffentlich einsehbar.

6) „Weitere Flächen natürlicher Waldentwicklung 4.000 ha“

  • Werden wie die Hiebsruhe im Hochgebirge nicht erwähnt in den Naturschutzkonzepten der BaySF   
  • Rechtliche Absicherung: Diese Wälder sind nicht bekannt, rechtlich nicht geschützt und können jederzeit von der BaySF umgewidmet werden. Laut Landtagsanfrage Drucksache 17/23591 sind diese Flächen wohl auch in den Forsteinrichtungen als Hiebsruhe (ausserhalb Klasse 1 Wäldern) markiert und sollen sukzessive bis 2020 abgegrenzt werden.

7) „Summe 81.800 ha = 10,4 % von 785.600 ha Waldfläche Staatswald in Bayern“

  • Wir kommen auf eine geschützte Waldfläche ohne Doppelzählungen von 32.465 ha:
    • Staatswald: 31.076 ha (von: 777.670 ha = 4,00 %) (lt. BWI)
    • Kommunalwald: 872 ha (von 322.918 ha = 0,27 %)
    • Privatwald: 113 ha (von 1.450.979 ha = 0,01 %)
    • Bundeswald: 404 ha (von 53.995 ha = 0,75 %)
  • Geschützt ohne Doppelzählung 32.465 ha:
    • in Bezug auf öffentlichen Wald: 2,81 % (Ziel Nationale Biodiversitätsstrategie: 10 % bis 2020)
    • in Bezug auf gesamten bayerischen Wald:   1,24 % (Ziel: 5 % bis 2020)
  • Der Klasse 1 Wald ohne Doppelzählung: 12.577 ha entspricht
    • in Bezug auf Staatswald: 1,62 %
    • in Bezug auf öffentlichen Wald: 1,09 %
    • in Bezug auf gesamten bayerischen Wald: 0,48 %

Zusammenfassung:

Von der BaySF wird suggeriert das 10,4 % der Wälder einer natürlichen Waldentwicklung überlassen werden und damit das Ziel, 10 % der öffentlichen Wälder zu schützen, schon erfüllt sei. Der Faktencheck zeigt: Tatsächlich sind aber nur 2,81 % der öffentlichen Waldfläche geschützt. Wenn man die privatwirtschaftliche Selbstverpflichtung der Klasse 1 Wälder hinzunimmt, wären grade mal 3,90 % der öffentlichen Wälder aus der Nutzung genommen – weit von den geforderten 10 % entfernt.

Die verglichenen 10,4 % der BaySF bezogen sich nur auf die Landeswälder – daneben gibt es auch 375.000 ha öffentlichen Wald bei den Kommunen und vom Bund. Aber auch nur auf die Landeswälder bezogen, kommen wir auf 30.972 (3,98 %) geschützen Wald, zuzüglich der Klasse 1 Wälder, die die BaySF ausgewiesen hat, auf gerade mal 5,6% (die Hälfte der BaySF-Angabe)

Die anderen aufgeführten Flächen sind aus den Flächendefinitionen der einzelnen Forstbetriebe bislang nicht nachvollziehbar bzw bislang noch nicht abgegrenzt und veröffentlicht. Auch die Anfrage auf die fehlenden Flächen brachte kein Ergebnis (Landtagsanfrage Drucksache 17/23591 ) sondern wies nur darauf hin, das die fehlenden Flächen sich erst im Ausweisungsprozess befinden würden. – Also reine Planzahlen und Versprechen – Auf der Internetseite  der BaySF hört sich das aber anders an.

SchutzgebietsformBehauptung BaySFBerechnung Greenpeace
Nationalparks Bayerischer Wald & Berchtesgaden22.200 ha22.197 ha
Kernzonen des Biosphärenreservats Rhön2.400 ha2.534 ha
Naturwaldreservate6.400 ha6.411 ha
Klasse-1-Waldbestände14.800 ha12.577 ha
Permanente Hiebsruhe im Hochgebirge32.000 ha0 ha
Weitere Flächen natürlicher Waldentwicklung (z.B. Altholzinseln, Moorwälder, unzugängliche Wälder im Flachland4.000 ha0 ha
Gesamte Schutzfläche81.800 ha bzw. 10,4%*45.042 ha bzw. 5,6%*

*ausgehend auf der von der BaySF genannten staatlichen Waldfläche von 785.600 ha in Bayern. Hinzu kommen noch öffentliche Waldflächen von 1328 ha Kommunal- und Bundeswald, was die gesamte Schutzfläche innerhalb Bayerns auf 5,7% steigen lässt. Somit ist gerade die Hälfte der 10 % öffentlicher Wald geschützt.

Zahlenstand 9/2018, ergänzt um NLP-Bay-Wald Kernzonen Erweiterung Nov 2018 um 170 ha