Der (Fichten-) Borkenkäfer

Von den ca. 120 in Mitteleuropa vorkommenden Borkenkäferarten sind nur zwei Arten relevant für die Waldbewirtschaftung. Der Buchdrucker (Ips typographus) siedelt unter der Borke von Fichten und verursacht große forstwirtschaftliche Schäden, wenn er durch besonders günstige Witterung und einer großen Zahl geeigneter Wirtspflanzen sich sehr stark vermehrt. Neben ihm gibt es noch den Kupferstecher (Pityogenes chalcographus), der in die Rinde von jungen Fichten bzw. Fichtenkronen geht und zu wirtschaftlichen Schäden führen kann.

Der Buchdrucker pflanzt sich fast ausschließlich in Fichten fort. Daher bieten ihm Fichtenmonokulturen – wie sie heute häufig zu finden sind – optimale Bedingungen.

Borkenkäferweibchen werden durch Pheromone des Männchens zum Wirtsbaum gelockt. Dort paaren sie sich in der sogenannten Rammel-kammer unter der Rinde von Fichten. Die Weibchen bohren anschließend einen Gang, an dessen Ende sie die Eier ablegen. Nach dem Schlüpfen frisst sich jede Larve einzeln durchs Holz unter der Rinde was zum arttypischen Fraßbild führt. Schließlich legen die Larven eine Kammer an, in der sie sich verpuppen. Die fertigen Käfer bohren sich durch die Rinde ins Freie.

Käfer und Larven fressen sich durch den sogenannten Bast. Im Bast befinden sich die Gefäße des Baumes, mit denen Wasser und Nährstoffe transportiert werden. Ist ein Baum stark befallen, wird der Wasser- und Nährstofffluss zwischen Krone und Wurzeln so stark gestört, dass der Baum schließlich stirbt.

Gesunde Bäume wehren sich gegen einbohrende Borkenkäfer z.B. mit Harzfluss. Borkenkäfer sind eine beliebte Nahrung verschiedenster Lebewesen, von parasitären Pilzen, Insekten bis zu Vögeln. Normalerweise treten ca. 2-3 Jahre nach einem Borkenkäferausbruch seine Fressfeinde in so hoher Zahl auf, dass die Borkenkäferpopulation auf eine geringe Zahl von Individuen zusammenbrechen kann. Wenn erneut die richtigen Bedingungen zusammentreffen, kommt es zum nächsten Ausbruch.

Buchdrucker
Buchdrucker
Buchdrucker Larvengänge
Buchdrucker Larvengänge
Specht verfüttert Borkenkäfer
Specht verfüttert Borkenkäfer

© Zeichnungen: Bea Apfelbeck

Der Borkenkäfer und der Klimawandel

Der Klimawandel und die forstwirtschaftlich bevorzugten Fichtenmonokulturen erhöhen die Wahrscheinlichkeit von massenhaftem Borkenkäferauftreten. Der Buchdrucker kommt in jedem Fichtenwald vor. Er gehört zu der natürlichen Artenausstattung dieser Wälder und hilft alten Fichtenwäldern zur Verjüngung, so wie viele Kiefernwälder auf Waldbrände angewiesen sind. Durch den Klimawandel werden aber häufiger dem Borkenkäfer zuträgliche Temperaturen (> 18 °C) erreicht. Je länger die Sommerperiode ist, desto mehr Generationen können sich pro Jahr entwickeln. In natürlichen Fichtenwäldern in borealen Zonen oder im Gebirge, kann der Buchdrucker oft nur eine Generation anlegen. Ein warmes Frühjahr mit Temperaturen über 18 °C und ein warmer Herbst können bis zu drei Generationen pro Jahr erzielen, was zur massenhaften Verbreitung der Buchdrucker führt. Höhere Temperaturen führen somit zu einer Ausweitung des ursprünglichen Verbreitungsgebietes. Zudem verursachen extreme Witterungen, dass Bäume verstärkt durch Sonnenbrand, Windwurf und Stress durch Wassermangel geschwächt werden. Solche Bäume werden dann auch leichter vom Borkenkäfer befallen.

Die Gegenspieler

Die natürlichen Gegenspieler der Borkenkäfer

Ameisenbuntkäferlarven vertilgen am Tag mehrere Borkenkäfer. Im Laufe der Larvenentwicklung werden bis zu 40 Borkenkäfer gefressen werden. Die Sterberate kann bis zu 20 % liegen. Der schwarze Grablaufkäfer frisst bis zu 20 Borkenkäfer täglich. Auch Rindenglanzkäfer, Kurzflügler, Stutzkäfer als räuberische Käfer spielen eine wichtige Antagonistenrolle
Ameisenbuntkäfer
Ameisenbuntkäferlarven vertilgen am Tag mehrere Borkenkäfer. Im Laufe der Larvenentwicklung werden bis zu 40 Borkenkäfer gefressen werden. Die Sterberate kann bis zu 20 % liegen. Der schwarze Grablaufkäfer frisst bis zu 20 Borkenkäfer täglich. Auch Rindenglanzkäfer, Kurzflügler, Stutzkäfer als räuberische Käfer spielen eine wichtige Antagonistenrolle
Harz
Aus Rindenverletzungen ausfließender Harz verklebt die Borkenkäferbeißwerkzeuge und wirkt toxisch. Natürliche Verteidigung gesunder Bäume gegen einbohrende Borkenkäfer
Baumläufer
Baumläufer
Neben Spechten fressen viele Vögel im Flug Borkenkäfer. Der Baumläufer sucht außerdem Insekten in dem Sie den Baumstamm aufwärts absuchen während der Kleiber den Baumstamm abwärts patrouilliert
Dreizehenspecht
Dreizehenspecht
Spechte spielen eine sehr wichtige Rolle, solange die Borkenkäferpopulation noch nicht zu groß ist. Für den Dreizehenspecht sind Borkenkäfer die Hauptnahrungsquelle, teilweise bis zu 90 % der Nahrung. Wohingegen Arten wie Schwarzspecht (15 %), Kleinspecht, Weißrückenspecht (29 %) und Buntspecht ( 10 %) Borkenkäfer nur in geringeren Anteilen als Nahrungsquelle betrachten
Enterobacteriaceae
Enterobacteriaceae
Besonders Vertreter der Familien Bacillaceae und Enterobacteriaceae infizieren vor allem Larven und können bei großer Besiedlungsdichte zu hoher Mortalität führen und somit am Zusammenbruch einer Massenvermehrung massgeblich mitwirken
Erzwespe
Erzwespe
Brack- und Erzwespen legen mit Hilfe des Legebohrers ihre Eier in die Borkenkäfereier bzw. Larven oder Puppen. Die Wespenlarven ernähren sich von der Wirtslarve. Sie können in hoher Anzahl die Borkenkäfer und deren Brut befallen. Die Parasitierungsrate von Buchdruckerlarven kann bis zu 50 % betraten. Bei Erzwespen sogar bis zu 80 – 100 %. Aber es gibt auch Hautflügler, die räuberisch Borkenkäfer fangen, wie die Echten Wespen
Fadenwurm
Fadenwurm
Nematoden werden häufig bei Borkenkäfer angetroffen. Eine massive pathogene Ausbreitung eher selten, da Nematoden einen Wasserfilm zur Ausbreitung benötigen
Kamelhalsfliege
Kamelhalsfliege
Kamelhalsfliegenlarven (Raphidia sp.) ernähren sich von Borkenkäfer-Eiern und Larven und spielen eine wichtige Rolle bei der natürlichen Regulierung der Borkenkäferpopulationsdichten
Lochaea Seitneri
Lochaea Seitneri
Lonchaea seitneri kann lokale Borkenkäferpopulation erheblich beeinflussen
Pilzbefall
Pilzbefall
Vertreter der Deuteromycetes infizieren durch Konidien Borkenkäfer vorwiegend über die Haut. Die anschließende Besiedlung des ganzen Körpers führt innerhalb weniger Tage zum Tod. Insektenpathogene Pilze haben unter feuchtwarmen Bedingungen erheblichen Einfluss auf die Massenvermehrung der Borkenkäfer. Optimale Bedingungen > 25 ° C und > 90 % Luftfeuchtigkeit
Sporazoa
Sporazoa
Sporozoa werden über den Verdauungstrakt aufgenommen. Deshalb besonders Larven betroffen. Häufig in Verbindung mit Pilzinfektion. Können örtlich begrenzt zur Verringerung der Population beitragen
Weichhautmilbe
Weichhautmilbe
Milben wie die Weichhautmilbe und die Kugelbauchmilbe können lokal begrenzt zu einer Senkung der Borkenkäferpopulation eine Rolle spielen


© Zeichnungen: greenpeace, Philipp Höhnel

Die abiotischen Gegenspieler der Borkenkäfer

Temperatur
Wenn es kälter als 18° C ist schwärmt der Borkenkäfer nicht aus

Feuchtigkeit
Hohe Niederschläge im Frühjahr und Sommer führen zur massenhaften Ausbreitung von Pilzerkrankungen und somit zur Eindämmung der Borkenkäferpopulation

Die menschlichen Maßnahmen gegen Borkenkäfer

Entrinden
Befallene Fichten können gefällt, entrindet, und liegengelassen werden. Dies erhöht den liegenden Totholzanteil (allerdings durch die glatte Oberfläche nur langsam zersetzend) und bekämpft den Borkenkäfer, dadurch das sein Brutraum entzogen wird. Das schnelle Austrockenen der Rinde führt zum Absterben der Borkenkäfer.

Gifte
Pestizide wie Cypermethrin schädigt das gesamte Ökosystem incl. der Borkenkäferantagonisten. Da Borkenkäfer fast das ganze Leben unter der Rinde geschützt sind, helfen Gifte hier nicht. Im Nationalpark sowie unter FSC-Zertifizierung verboten. Pestizide töten nicht selektiv und töten so viele andere Tierarten sowie sind für Menschen gefährlich.

Holzentnahme
Fichtenholz schnell mit Rinde aus dem Wald fahren und entweder dann zu bewässern, im Sägewerk entrinden oder außerhalb von Fichtenbeständen zu lagern hilft zwar gegen den Borkenkäfer. Es lässt aber eine Kahlfläche zurück und stellt einen hohen Biomasseentzug dar. Allein durch die Entnahme der Rinde wird dem Wald ein hoher Anteil von Calcium, Phosphor, Kalium und Magnesium entzogen, der die im Holz gespeicherten Nährstoffe oft noch überwiegt. In Naturzonen von Nationalparks ist Holznutzung verboten.

Pheromonfallen
Diese aufgestellten Fallenkästen mit Duftstoffen können lediglich die Anzahl und die Zeit des Schwärmfluges dokumentieren und dienen dem Buchdrucker-Monitoring. Eine Begrenzung der Populationsdichte kann hier nicht nachgewiesen werden. Es gibt hier auch eine erhöhte Anzahl von Beifang. Heinz Bußler zählte 72 Käferarten, darunter hohe Anzahl von Ameisenbuntkäfern, die auch von den Borkenkäfersexualdüften angezogen wurden. Die Anzahl der mitgefangenen Ameisenbundkäfer hatte die Anzahl der gefangenen Buchdrucker mindestens verzehrt. (Bußler 1986)

Strukturierter Mischwald
Wenn nicht gleichaltrige Fichten in hoher Dichte stehen kann sich der Borkenkäfer nicht massenhaft vermehren, da das Nahrungsangebot gering und stark vereinzelt ist. – Die beste Maßnahme als Vorsorge gegen Borkenkäfer sind artenreiche Wälder. Hier sind auch genügend natürliche Gegenspieler des Borkenkäfers vorhanden um Massenvermehrungen zu verhindern.

Übersicht Borkenkäferarten und deren Feinde

Hier ein kleiner Überblick über wichtige Borkenkäfer mit deren Wirtsbäumen und je ein wichtiger Fressfeind

BorkenkäferlateinischHauptwirtsbaumwichtiger FressfeindBedeutung für Forstwirtschaft
Buchdrucker
Ips typographus L.
Fichte (mittlere/ältere) und DouglasieAmeisenbuntkäfer
Hauptborkenkäferart. sehr hohe Relevanz
Kupferstecher
Pityogenes chalcographus L.
junge Fichten und DouglasienJagdkäferhohe Relevanz für junge Fichtenkulturen
WaldgärtnerTomicus spp.KieferAmeisenbuntkäfergering, nur lokal
Gefurchter FichtenborkenkäferPityophthorus pityographusjunge Fichten und Douglasiendiversebei Fichte nicht bedeutend; bei Douglasie kann es problematisch werden
Lärchenborkenkäfer
Ips cembrae Heer
Europ. LärcheAmeisenbuntkäfergering, nur lokal
Zwölf-/Sechs-/Zweizähniger KiefernborkenkäferIps sexdentatus / -acuminatus/ -bidentatusKiefer, teils auch DouglasieAmeisenbuntkäfer
gering, nur lokal
Kleiner Buchenborkenkäfer
Traphrorychus bicolor Hbst.
RotbucheJagdkäfergering, nur lokal bei extremer Trockenheit relevant
Gestreifter NutzholzborkenkäferXyloterus lineatus Ol.gefällte Nadelbäume (bohrt sich einige mm in das Holz im Gegensatz zu den anderen Borkenkäfern)diverseWenn gefälltes Stammholz nicht zügig aus dem Wald gefahren wird

Weiterführender Link: Borkenkäfer-Hintergrund (PDF als Download)